Das Interview

So vieles hat sich in so kurzer Zeit geändert. Wir bleiben einen Augenblick stehen, nehmen uns den Moment, um zurück und nach vorne zu blicken. In der Reflexion begleiten uns mit ihren Einsichten Frank Körner, Projektleiter X-OUT; Jean Phillip Jacob, Geschäftsbereichsleiter Berlin bei der data experts GmbH und James Löll, Vertriebsleiter data experts und Branchenkenner GKV.

Welche Neuerungen/Anpassungen mussten Corona-bedingt passieren? 

Frank Körner: Zunächst das vordergründig Offensichtliche: bei X-OUT wurde Homeoffice zur Normalität. Hintergründig mussten dazu unsere Prozesse geändert werden. z. B. das daily standup fand nicht mehr vor der Tafel statt, sondern in MS Teams, an einem Bord, in digitaler Form. Die Hauptkommunikationsplattform hat sich damit vollständig geändert. Sowohl Telefonate als auch kurzer Austausch erfolgt über MS Teams, per Video, Audio oder einfach per Chat. Der E-Mail-Verkehr hat sich verringert und zum Teil in Richtung Chat entwickelt. Auch bei den Kunden waren „plötzlich“ alle zu Hause und überall waren die Telefonanlagen zumindest anfangs überlastet. Wir konnten dann unsere Ansprechpartner teilweise nicht mehr erreichen und mussten auf andere Kommunikationsmöglichkeiten ausweichen. Aber gravierender für die Kunden und das Outputmanagement war die Schließung der Servicecenter und der damit verbundene geringer werdende Anteil am Direktdruck vor Ort hin zum Druck über die Druckdienstleister, oder auch zum Versand über die Onlinegeschäftstelle, wo Versicherte ihre Dokumente digital abholen können. 

Jean Phillip Jacob: Im Großen und Ganzen kann ich mich Herrn Körner nur anschließen. Die wohl größte – durch Corona verursachte – Anpassung für die data experts war der fast vollständige Wechsel vieler Kollegen ins Home-Office. 

Leider war es uns aufgrund der geltenden Verträge und der ausgeführten Tätigkeiten nicht möglich, allen Kollegen die Möglichkeit zum Home-Office zu bieten. Für die weiterhin Anwesenden musste die Arbeit natürlich so sicher wie möglich gestaltet werden, weshalb ein entsprechendes Hygienekonzept erstellt und umgesetzt wurde. 

Insbesondere Beratungen wurden hierdurch anders. In größerer Runde war es nicht mehr möglich, sich kurz mit dem Nebenmann auszutauschen, da dadurch nun auch alle anderen gestört wurden. Dies fiel auch in den Kundenberatungen auf, welche nun plötzlich nicht mehr live vor Ort, sondern remote oder hybrid stattfanden. 

Während der Schul- und Kitaschließungen war eine Vielzahl „kleiner Kollegen“, die in Beratungen plötzlich auf dem Schoß ihrer Eltern saßen, natürlich eine ungewohnte, aber meist spaßige Neuerung. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch die vielen Beschränkungen unser Gemeinschaftsgefühl litt, auf das wir sehr stolz sind. Die Teams gaben trotzdem ihr Bestes, um auch weiterhin den Kontakt zueinander zu halten. So wurde bspw. unser Sommerfest 2020 rein digital abgehalten, um auch in dieser Zeit – zumindest etwas – mit den Kollegen feiern zu können. Beim Sommerfest 2021 konnten wir uns dann glücklicherweise wieder vor Ort sehen und wir hoffen darauf, dies auch 2022 wiederholen zu dürfen. 

James Löll: Aus Sicht der Krankenkassen waren die kurzfristige Schließung der Geschäftsstellen sowie das Arbeiten aus dem Home-Office heraus die großen Herausforderungen. Der Beratungsbedarf bei den Versicherten war trotz Corona noch vorhanden, sogar noch dringlicher, da Unsicherheiten bzgl. der Maßnahmen und Möglichkeiten bestanden. 

Die Zusammenarbeit der Kollegen*innen musste ermöglicht werden: Wo sonst mal „Ich hab da mal eine Frage“ bisher einfach in Richtung des Nachbartisches oder -büros gerichtet werden konnte, war eine „fachliche“ Zusammenarbeit aus dem Home-Office heraus nicht mehr so einfach. Hierfür mussten kurzfristig einige Technologien wie z. B. VideoCall (MS Teams), Chat/Kollaborationssysteme eingeführt werden. Gleichzeitig mussten Abläufe / Prozesse (intern und extern, die teilweise noch papierbasiert erfolgten, kurzfristig digitalisiert werden. Digitalisierungsprojekte, die lange immer wieder terminlich verschoben wurden, mussten kurzfristig umgesetzt werden. Agilität ist hier immer wichtiger geworden.

Was davon bleibt und was davon wird sich nochmal ändern? 

Frank Körner: Was wir als X-OUT vermissen, ist der direkte Draht zu unseren Ansprechpartnern. Wir wünschen uns, dass es wieder normal ist, unsere Partner bei uns zu begrüßen bzw. auch unkompliziert besuchen zu können. 

Denn trotz aller Annehmlichkeiten, die Homeoffice mit sich bringt, spüre ich gelegentlich bei meinen Kollegen und Mitarbeitern auch den Drang, sich wieder live zu sehen. Ich denke aber, da sich das Arbeiten in dieser Form bei X-OUT so gut eingespielt hat, dass wir keine grundsätzlichen Änderungen im Arbeiten im Home-Office erleben werden. 

Auch die digitale Kommunikation hat den Siegeszug bei uns und unseren Kunden übernommen und ist schwerlich wieder wegzudenken. Änderungen erwarte ich bei der Gestaltung neuer Erlebnisse im Arbeitsumfeld. So werden Arbeitsplätze künftig sicherlich flexibel nutzbar und nicht mehr einem Mitarbeiter fest zugeordnet. Hier sind die Kunden schon einen Schritt weiter. 

Jean Phillip Jacob: Auch wir möchten einen Schritt weitergehen. Da die Arbeit im Home-Office bei der data experts sehr gut funktioniert, haben wir uns entschlossen, reine Remote-Stellen zu schaffen, um flexibler bei der Gewinnung neuer Kollegen zu sein. 

Auch vom Hygienekonzept werden wir wahrscheinlich einige Punkte nach Corona weiter beibehalten, aber sicher nicht alles. 

Trotz der weiterhin gegebenen Möglichkeit des Home-Office‘s gehen wir stark davon aus, dass die Kollegen wieder vermehrt ins Büro kommen werden, um dort zu arbeiten und den Kontakt zu den Kollegen zu haben. 

James Löll: Zurückgehen wird schwierig. Die Mitarbeiter*innen der GKV haben sich an die Vorteile eines Arbeitens aus dem Home-Office gewöhnt. Vielleicht wird sich irgendwann die Anzahl der Tage im Home-Office reduzieren, verschwinden wird dieser Trend nie mehr. 

Einen Prozess einfach nur 1:1 zu digitalisieren, macht daraus keinen guten Prozess. Deshalb müssen Prozesse, die im Rahmen von Corona kurzfristig digitalisiert wurden, jetzt analysiert und verbessert werden. Die zukünftige Aufgabe liegt jetzt auch darin, die vorhandenen Technologien besser zu nutzen, um Prozesse zu vereinfachen, synchronisieren oder zu ergänzen.


Welche sonstigen Tendenzen/Trends werden wahrgenommen und aufgegriffen? 

Frank Körner: Die Corona-Krise hat weitreichende Folgen für den Haushalt der Krankenkassen und sorgt für weitere Sparmaßnahmen, die auch das Outputmanagement mittelbar, aber auch unmittelbar treffen werden. Einige Kunden stellen vermehrt auf Duplexdruck um, andere Kunden suchen alternative Möglichkeiten der Betriebsführung, z. B. in der Cloud. Hierbei unterstützen wir als verlässlicher Partner und gehen den Weg gern zusammen. 

Eine weitere Perspektive sind auch die Möglichkeiten, Anwendungen (vor allem in der Cloud) sowohl sicherer als auch flexibler zu machen, z. B. durch automatisiertes und modulares Zu- und Abschalten einzelner Komponenten.  

Eine nicht zu vernachlässigende Herausforderung ist es, den Markt im Blick zu behalten und auf neue Anforderungen schnell zu reagieren. Es wird auch immer wichtiger, Themen aufzugreifen, die nur mittelbar Output betreffen. 

Jean Phillip Jacob: Durch Corona wurde uns sehr deutlich vor Augen geführt, wie schnell einzelne Branchen von einer nicht selbst verschuldeten Sache in Probleme gestürzt werden können. Zu unserem Glück hatten wir uns bereits zuvor mehrere Standbeine aufgebaut, sodass wir nicht so hart getroffen wurden, wie andere. Allerdings wurde uns auch verdeutlicht, dass es nur in unserem Interesse sein kann, uns weiterhin neue Standbeine anzueignen, um solchen Schwankungen vorzubeugen. Dabei dürfen unsere bestehenden, meist langjährigen, Kunden natürlich nicht vernachlässigt werden. Diesen Spagat zu schaffen, ist eine der großen künftigen Herausforderungen, die wir jedoch meistern werden. 

James Löll: Datenschutz ist ein hohes Gut. Nichtdestotrotz müssen wir Wege finden, mit Einhaltung der Datenschutzgesetze Daten für Forschung, die medizinische Versorgung/Angebote usw. nutzbar zu machen. Gesellschaftlich entwickeln wir uns mehr und mehr in eine IT-technisch vernetzte Welt. Hier darf die GKV sich selber nicht ins Abseits versetzen und anderen Marktplayern die Versorgung der Versicherten überlassen. 

Agilität – anstatt in Anwendungen zu denken, müssen wir mehr in Prozesse / Abläufe denken und die entsprechenden Services „einsetzen“. Der Trend von „on premise“ Anwendungen hin zu Cloud-Anwendungen ist der erste Schritt. Irgendwann müssen Anwendungen modularisiert werden, um GKVn die Möglichkeiten zu bieten, Services flexible in Prozessen einzubinden. Diese „Microservices“ sind Anwendungsfunktionen, die Datenschutz/ISMS konform in den jeweiligen RZ der Softwareanbieter betrieben werden. Dies führt natürlich auch zu neuen Preis-/Abrechnungsmodellen. Und auch die Partnerschaft mit anderen Marktplayern wird immer wichtiger, da die meistens Softwarehäuser nicht alles selbstständig realisieren oder betreiben können.  

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